Zur Rekonstruktion der Mannschaftsbaracke der Ausgrabung 1998 (Phase 5) im Flottenlager Alteburg bei Köln-Marienburg. In: Á. Morillo / N. Hanel / E. Martín Hernández (Hrsg.), Limes XX. XX Congreso Internacional de Estudios sobre la Frontera Romana, León (España), 9. 2006 (Madrid 2009) 1291 - 1295.

October 10, 2017 | Autor: Norbert Hanel | Categoría: Roman military archaeology, Roman fleet, Roman Architecture, Roman Forts and Camps
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Descripción

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ZUR REKONSTRUKTION DER MANNSCHAFTSBARACKE DER AUSGRABUNG 1998 (PHASE 5) IM FLOTTENLAGER ALTEBURG BEI KÖLN-MARIENBURG

NORBERT HANEL

Bei den Ausgrabungen, die im Jahr 1998 im Flottenstützpunkt Alteburg (Köln-Marienburg) im Süden der Colonia Claudia Ara Agrippinensium stattfanden, konnte eine mehr als 1500 m2 große Fläche in einem Bereich unmittelbar hinter der Westumwehrung der Steinbauperiode des Lagers untersucht werden (Fischer, 2001: 555-556; Fischer & Hanel, 2003: 575-576; 582-583). Die mit Hilfe der Relieftechnik freigelegten Befunde zeigten, dass es sich um eine komplizierte, z. T. sehr feingliedrige Stratigraphie handelt. Die mehr als 1300 Befunde der vier Teilflächen wurden mittels Harris-Matrix nach Bauphasen geordnet und untereinander korreliert. Nach heutigem Kenntnisstand (Januar 2007) lassen sich in diesem Lagerareal acht Hauptphasen unterscheiden, die teilweise nochmals untergliedert werden können. Von besonderer Bedeutung ist –neben weiteren Einplanierungen– die ältere (Phase 5) von zwei Planierschichten mit Brandschutt aus der traianischen Zeit, da sich unter ihr die Reste der Lagerbauten in Fachwerktechnik im Grundriss vorzüglich erhalten haben. Auf die in Nord-Süd-Richtung verlaufende via sagularis mündet von Osten her kommend eine schmale Lagergasse, an der nördlich und südlich jeweils eine Mannschaftsbaracke mit identischem Grundriss lag (Fischer & Hanel, 2003: 575-577). Die in den Grabungsflächen nachgewiesene Länge der südlichen Baracke beträgt circa 59 m. Je nachdem, ob die Baracke neben dem Kopfbau, der sich nicht durch eine Verbreiterung gegenüber den Mannschaftsstuben abhob, sechs oder sieben Kontubernien hatte, kann eine Gesamtlänge von 62 oder 70 m erschlossen werden (Hanel, 1998: 380). Die Breite der Mannschaftsunterkunft beträgt 9,5 m, da an der Südostecke der Grabungsfläche ein kurzer Abschnitt der Rückwand freigelegt wurde. Im römischen Lagerwesen ist die nur für die Phase 5 der Ausgrabung von 1998 nachgewiesene Einteilung der Baracken in Fünferraumgruppen (Abb. 1) singulär (Fischer, 2001: 555-556; Davison, 1989). Eine solche Fünferraumeinheit besteht aus zwei gleichgroßen Vorderräumen mit einem Mittelgang, über den die beiden größeren rückseitigen Stuben erschlossen wurden. Die Innenmaße einer Fünferraumeinheit liegen zwischen 60 und 63 m2. Sie wird im Folgenden als contubernium bezeichnet, um die Zusammengehörigkeit dieser vier Stuben mit Korridor zu unterstreichen, ohne dass die Bezeichnung gesichert ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in einer solchen Raumgruppe wegen der Größe der Räume zwei herkömmliche Kontubernien untergebracht waren (vgl. Fischer, 2001: 555). Innerhalb der Unterkünfte sind vor allem die Herde

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(Abb. 2) im archäologischen Befund nachgewiesen. Während sie in den beiden äußeren Vorderräumen keinen regelhaft festgelegten Standort hatten, waren die Feuerstellen in den rückwärtigen Stuben immer an den gleichen Stellen neben den erschlossenen Zugängen errichtet worden. Aufgrund einer verstürzten Herdstelle aus Ziegelmaterial (Befund 232) kann die Höhe dieser Herde auf mindestens 0,80 m rekonstruiert werden. Wie man sich den weiteren Aufbau vorstellen muss, entzieht sich unserer Kenntnis: Denkbar sind ein an der Rückwand und an den Seiten bis zur Zimmerdecke geschlossenes Gebilde (Cichy, 1971: 28 Abb.; Johnson, 1987: 195 Abb. 131; van Enckevort et alii, 2000: 45 Abb.; Connolly, 1991: 13 Abb.) oder eine bis auf eine niedrige Ummauerung offene Feuerstelle mit separatem Rauchfang unter der Zimmerdecke (May Castella, 2002: 14; 6, Abb. 8; Varianten bei Baatz, 1973: 40 f. mit Abb. 22; Scholz, 2003/2004, 102, Abb. 6). In einer rückwärtigen Stube wurden bei den Ausgrabungen Waffen, Werkzeuge, Utensilien und Gefäßkeramik in situ angetroffen, die Einblick in die Nutzung der Soldatenunterkünfte gestatten (Höpken, 2003). Wie der Ausgrabungsbefund in der nördlichen Baracke zeigt, waren die Mannschaftsunterkünfte mit ansehnlichen Wandmalereien der Stubenwände ausgestattet. Auch wenn sie nicht vollständig erhalten sind, erlauben die geborgenen Reste eine ungefähre Rekonstruktion der Raumhöhen (Thomas, 2003: 613, Abb. 15; 603 Abb. 2; 619, Abb. 21). Hierfür liefern die Wandmalereibefunde benachbarter Fachwerkbauten, die bei

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Ausgrabungen der Jahre 1983/1984 zutage kamen, weitere Anhaltspunkte: Demnach lag die Raumhöhe der Mannschaftsbaracken bei ungefähr 2,50-2,60 m (Thomas, 1993: 383). Eine Schlüsselfrage, die für die Rekonstruktion des Dachgeschosses der Unterkunft entscheidend ist, konnte durch die Ausgrabungen nicht definitiv geklärt werden: Es handelt sich um die Frage, ob sich an der Rückseite der Südbaracke A eine weitere Baracke anschloss oder nicht. Es gibt allerdings verschiedene Indizien, die dafür sprechen, dass es sich um eine Einzelbaracke handelt: 1) Die mutmaßliche Lagerstraße, die durch das Westtor ins Lagerzentrum führt, liegt zu nahe, als dass eine weitere Baracke gleichen Ausmaßes südliche der Baracke A gelegen hätte (Hanel, 1998: 356, Abb. 3; Hanel, 1999: 606). Bei den zeitlich unmittelbar nachfolgenden Baracken der Phase 6 handelt es sich ebenfalls um Einzelbaracken (Fischer & Hanel, 2003: 577-579). Diese Anhaltspunkte lassen darauf schließen, dass die Mannschaftsunterkunft wahrscheinlich ein Satteldach hatte, wobei der First über der mittleren Längswand der Baracke verlief. Wegen der etwas größeren Tiefe der rückseitigen Räume fällt der Winkel der Dachsparren flacher als bei denjenigen über den Vorderräumen aus. Da eine Vorfertigung der Dachgebinde angenommen wird, ist zu vermuten, dass das Dach an der Vorderseite der Baracke nicht über die Porticus gezogen wurde, sondern dass das Pultdach über der Vorhalle gesondert angebracht wurde (vgl. Connolly, 1991: 13, Abb. links oben; Scholz, 2003/2004: 102, Abb. 6; Gugl, 2006: 225, Abb. 7). Die Zugänglichkeit des Dachraumes hängt davon ab, inwieweit er in seiner Gesamtheit von der Truppeneinheit der Baracke genutzt wurde oder ob jedem contubernium nur der Bereich über der Fünferraumeinheit zur Verfügung stand, der gegebenenfalls durch Zwischenwände abgeteilt war (Bidwell & Hodgson, 2004: 135, Abb. 8). Im Alteburger Befund der Mannschaftsunterkünfte der Phase 5 gibt es keine Hinweise auf ein zweites Geschoss, das in gleicher Weise wie das Erdgeschoss genutzt wurde. Nach heutigem Forschungsstand spricht alles dafür, dass die eingeschossige Mannschaftsunterkunft mit Satteldach der Normalfall in den Nordwestprovinzen des römischen Reichs war (Johnson, 1987: 191 Abb. 128; Bidwell & Hodgson, 2004: 146-147). Vom Befund ist eine Möglichkeit nicht auszuschließen, bei der mit verhältnismäßig geringem Aufwand der Dachraum besser als beim herkömmlichen Satteldach genutzt werden konnte. Durch die Verlängerung der Pfosten über die Decken könnte ein Kniestock (auch Drempel) geschaffen worden sein, durch den die Begehbarkeit des Dachgeschosses insbesondere in den Ecken merklich verbessert und die Stellflächen vergrößert wurden. Ausserdem wäre durch die Seitenwände eine bessere Beleuchtung des Dachraumes gegeben.

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ABB. 3. Köln-Marienburg (Alteburg). Ausgrabung 1998. Mannschaftsbaracke 5 Süd (Zeichnung A. Paetz gen. Schiek)

Für die Rekonstruktion der Mannschaftsunterkunft in ihrer Gesamtheit ist von Bedeutung, dass das Gelände in der Antike von Westen nach Osten abfiel, wobei der Höhenunterschied auf der freigelegten Gebäudelänge etwa 0,85 m betrug. Die Höhen der Lehmböden fallen dabei um durchschnittlich 12 cm je Fünferraumgruppe nach Osten ab; innerhalb der Kontubernien gibt es keine nennenswerten Höhenunterschiede. Dieses stufenweise Absenken der Mannschaftsunterkunft im Fußbodenbereich hatte Auswirkungen bis in ihre Dachkonstruktion. Ein parallel zum abfallenden Hang verlaufender Dachfirst ist ebenso wie ein über die gesamte Barackenlänge waagerecht ausgerichteter First unwahrscheinlich. Setzt man eine einheitliche Bauweise der Fünferräume mit vorgefertigten Fachwerkwänden voraus (Goodburn, 1991: 200-201; Gugl, 2006: 225, Abb. 7), so bietet sich eine Rekonstruktion an, bei der die Dachböden und Dachfirste die Versprünge je contubernium aufnahmen (Abb. 3). Diese Bauweise mit zuvor abgebundenen Wandeinheiten erlaubt eine schnelle und unkomplizierte Errichtung der Mannschaftsunterkünfte.

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