Mies van der Rohes Toronto-Dominion Centre

August 23, 2017 | Autor: Angelos P. Mat | Categoría: Ludwig Mies van der Rohe, Mies van der Rohe, Architectural Theory and Design
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Descripción

01 

Dominion Centre, Toronto 1963 – 1969

Inhalt 1

Einführung

2

Auftrag

3

Entwurf

4

Gebäude

4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6

5

Bauverlauf Positionierung im Gesamt-Œuvre Mies’ Städtebauliche Anordnung Arch/tonisches Thema 1: Die Untergund-Plaza Arch/tonisches Thema 2: Die Türme Arch/tonisches Thema 3: Der Pavilion

Presse /Kritik

5.1 5.2

Rezeption des TDC Kritik an Mies van der Rohe

6

Schlusswort

7

Bibliographie

[8

Folien ]

Seminar Institut Dozent Referierender

Mies van der Rohe [WS 10/11] IGMA – Institut Grundlagen Moderner Architektur Dr. Hartmut Meyer Evangelos-Johannes Papamatthäou / Mtr.-Nr. 2355795

02  1

Einführung

Das Toronto-Dominion Centre (TDC) ist ein von der Dominion Bank in Auftrag gegebener Gebäudekomplex im Herzen des Geschäftsviertels von Toronto, der Hauptstadt Ontarios [f02]. Neben dem Hauptsitz des Unternehmens und einer Filiale der Bank für die kanadische Metropole, sollten darin Büroräume und Gewerbeeinheiten auf einem 18.600 qm Grundstück untergebracht werden. Seit der Fertigstellung des originalen Entwurfs von Mies van der Rohe um 1969, hat sich der Baugrund mehr als verdoppelt und zahlreiche, nicht minder ambitionierte Gebäude, haben sich in das Ensemble eingefügt. Niemand kann heute bestreiten, dass es sich um eine Landmarke der Stadt handetl. Es stellt ein Prachtexemplar für die nordamerikanische Phase des deutschen Architekten dar, Philipp Johnson nannte es „den größten Mies auf der Welt“ (the biggest Mies in the world). Trotzdem ist es zu seiner Zeit ohne große Begeisterung aufgenommen worden und geht auch in heutiger Betrachtung zwischen den namhaften Werken Mies‘ unter. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Rezeption des Werkes von Mies van der Rohe immer wieder verändert. Nach der Polemisierung gegen große Teile der Moderne in den 1980’ern, erfahren nun viele wichtige Bauwerke und Architekten eine Rennaisance, werden wiederentdeckt und diskutiert. Dieses neu erwäckte Interesse zeugt von einem Paradigmenwechsel in der zeitgenössischen Ästhetik und Herangehensweise an die Architekturgeschichte. Die von der Moderne gestellten Forderungen und Problematiken werden heute noch verarbeitet. Schon allein das publizistische Interesse an der Thematik in den letzten Jahren gibt interessierten, theoretisch aber noch unbewandten Studenten Hinweise darauf. Im erste Teil der Ausarbeitung (2 - Auftrag; 3 - Entwurf; 4 - Gebäude) sind die Geschichte des Auftrags und die Hintergründe des Entwurfes ausgeführt, bevor detailliert auf die architektonische Themen eingegangen wird. Im zweiten Teil (5 – Presse/Kritik; 6 - Schlusswort) wird der Versuch unternommen, die Presse zum TDC auszuwerten, sowie das generelle Klima der Kritik an Mies van der Rohe, die schon in den 1960’ern laut wurde zu erfassen. Diese Struktur baut sich auf dem Vortrag auf, der im Seminar gehalten wurde. Die Folien des Vortrags, die nach dem schriftlichen Teil angeführt sind (7 - Folien), werden als Bildmaterial für die Ausarbeitung herangezogen und an den jeweiligen Stellen referenziert. Bsp.: [f08] – Folie Nr. 8

03  2

Auftrag

Mies van der Rohe gelang über Umwege an den Auftrag für das TDC. In den Vereinigten Staaten war der Architekt zur Zeit schon lange anerkannt. Er war Teil einer Generation von europäischen Architekten, die während des Zweiten Weltkrieges und in der Nachkriegszeit nach Amerika, in der Hoffnung auf neue Chancen und Herausforderungen emigriert sind. Architektrubüros, so wie sein eigenes und das The Architects Collaborative von Walter Gropius galten als emblematisch für den avantgardistischen Charakter der Moderne seit den 1920’ern. In vielen Fällen wurden diese Talente durch eine Berufung an renommierte Bildungsstätten ‚importiert‘, wie es auch mit Mies und dem Illinois Intitute of Technology geschah. Dieser Attitüde hat die USA ihre kulturelle und technologische Blüte in der zweiten Hälfte des 20.Jht. zu verdanken (auch wenn diese bis heute einer kleinen akademischen Elite vorbehalten ist). Mit den Universitäten als Sprechrohr gelangten die Ideen der Moderne unter die Bevölkerung in einer Zeit, in der architektonische Themen nur mäßiges Interesse in der Offentlichkeit erwäckten. Phyllis Lambert1 der Familie Bronfman, welcher der Bankkonzern angehört, kam 1963 gerade nach abgeschlossenem Architekturstudium im IIT zurück nach Kanada. An der Stelle, an der heute das TDC steht wurden schon vor der Beauftragung von Mies van der Rohe zwei Projekte geplant, die nie publik gemacht wurden und über die leider wenige Informationen verfügbar sind. Obwohl der Baugrund von der Fairview Corporation (später Fusionierung mit Cadillac) aufgekauf war, stellte die Toronto-Dominion Bank als Hauptnutzer und Mitbesitzer des Gebäudes den Architekten. Der Präsident der Bank, Alan Lambert, hat zuerst Skidmore Owings and Merril (SOM) und deren Chef-Designer Gordon Bunshaft den Auftrag erteilt, dem modernistischen Bankarchitekten par exellence. Das Unternehmen hatte schon Erfahrung mit dem Architekturbüro. SOM baute 1953-54 schon den vollverglasten Turm für die Manufacturers Trust Company und 1957-61 einen pavilionartige Filiale für die Chase Manhattan Bank, beides in New York. Für das TDC schuf Bunshaft ein einziges Hochhausgebäude mit einer integrierten Bankhalle, wie es in den 1930’ern normativ gewesen ist. Das Gebäude war indifferent auf dem Grundstück positioniert und Bunshaft war offensichtlich viel eher daran interessiert eine dynamische Betonstruktur, ohne Unterbrechung, ohne Dehnungsfugen, um die sechzig Geschosse in die Höhe schießen zu lassen. [...] Sein Lösungsvorschlag war gewagt und beruhte auf unbewährte Methoden, die die Bauingenieure in Toronto ablehnten. Bunshaft weigerte sich seinen Entwurf zu ändern und verlor den Auftrag. Der Entwurf des TDC wurde dannach an das im Hochbau weniger geübte Büro von John B. Parkin Associates in Toronto weitergeleitet, welches mit SOM in seinen kanadischen Projekten zusammen arbeitete. Parkin schlug ebenfalls ein einziges Gebäude vor, es handelte sich aber um einen konventionelleren Turm, wobei die Bankhalle vertieft in einem Graben unter dem Straßenniveau untergebracht war [f03]. Von Parkins Unerfahrenheit in der Planung mehrgeschossiger Gebäude erschöpft, empfahl der Projektentwickler das New Yorker Büro Harrison and Abramowitz als technische Berater einzustellen. Wallace K. Harrison ist einer der Architekten des Rockefeller Center gewesen. Auf meine hartnäckige Nach                                                             1

 Patronin der Kultur und Philanthrop, heute eine der wichtigen Persönlichkeiten für die Architektur in Kanada

04  frage wurde aber währenddessen Mies van der Rohe zum Gespräch eingeladen. Auf Grund des Seagram Building 2 und des fast fertiggestellten Chicage Federal Center – und nachdem Mies Alan Lambert die frage gestellt hat „Möchten Sie ihre Bank wirklich in einem Keller haben? – wurde letztendlich er mit dem Gebäude beauftragt.3

3

Entwurf

Über Mies van der Rohe kann man sagen, dass es sich in seinem Werk insgesamt um einen sich entwickelnden Entwurf für eine Architektur handelte. Nach seinen Lernjahren in Berlin und einer Phase des Experimentes, die durch seiner Begegnung mit den diversen künstlerischen Strömungen in der Stadt am Anfang des 20.Jht. angeregt wurde, widmete sich Mies in seiner nordamerikanischen Phase immer mehr der Purifizierung dieser Architektur. Themen, die immer wieder in seinen Gebäuden auftauchen, wurden in seinem Büro weiterentwickelt und in allen Aspekten auf ihre Taugfähigkeit geprüft – ästhetisch, sowie technisch. Es entstanden Lösungen, die nie profan, sondern immer tief durchdacht und mit ihrer meist städtischen Umgebung im Dialog standen. Die Metropole als Topos, bot ihm den fruchtbarsten Nährboden für seine Ideen. Das Zentrum Torontos ist – für kanadische Verhältnisse – die am besten geeignete Stelle für ein großartiges Werk gewesen; es sollte das letzte, große Werk Mies van der Rohes werden. Toronto ist nicht nur bis heute die größte Stadt Kanadas, sondern auch das logistische Zentrum der Ökonomie des Landes. Die soziale Organisationsformen einer sich immer rascher entwickelnden freien Marktwirtschaft US-amerikanischer Prägung, hatten sich schon in den 60‘ern im Stadtorganismus niedergeschlagen: dicht bebaute Stadträume entlang schachbrettartig geschnittener Flurstücke, erschlossen von breiten, viel befahrenen Straßen negieren jegliches Konzept eines öffentlichen Raumes. Die dominantesten baulichen Großstrukturen waren prestigeträchtige Kolosse, die jeden verfügbaren Quadratmeter um sich verschlungen. Sie zeichneten sich durch eine ornamentaler Logik und ihre hierarchisch-symbolischen Morphologien aus; Überbleibsel des vergangenen Jahrhunderts, die in Diskrepanz zu ihren offensichtlich modernen Konstruktionsmethoden standen. Unter diesen Umständen erhält die ihnen gegenübergestellte ehrliche konstruktive Ästhetik und städtebauliche Großzügigkeit einen ganz besonderen Stellenwert. In seinen Studien zu einem Vorentwurf experimentierte Mies van der Rohe mit unterschiedlichen Konfigurationen von frei stehenden Baukörpern, die einen öffentlichen Raum abgrenzten. Der letztendlich vorgestellte Entwurf mit zwei unterschiedlich hohen Türmen und einem niedrigen Bau ist jedoch für die Stadt keine Neuerscheinung gewesen. Viljo Revells Toronto City Hall (1961-65), welches sich zur Zeit des Auftrags des TDC im Bau befand, bestand ebenfalls aus zwei unterschiedlich hohen Türmen und einem niedrigen Bau [f04]. Es ist naheliegend zu vermuten, dass es eine Verbindung zwischen den zwei Entwürfen gibt, diese Vermutung entpuppt sich aber schnell als fehlgeschlagen. Der Finne Revell gibt funktionalistische Gründe für seine Wahl an, wobei Mies mit archetypischen Motiven aus seinem Schaffen abhandelt, ja sogar direkt das Thema seines lezten Projektes, dem Chicago Federal Center (1959-74) aufnimmt.                                                             

2

Seagram Corporation gehört ebenfalls der Familie Bronfman an; Phillis Lambert war als Planungsdirektorin an dem Bauprojekt für das Seagram Building beteiligt 3 Mertins, Detlef: The Presence of Mies. Princeton Architectural Press; New York 1996, S. 34ff 

05  4.1

Bauverlauf Timeline4

1962 1963 1964 1965 1966

1967

[f05]

November Dezember Februar November Februar Juli April Juni September Oktober Februar März April September Oktober November

1968

Dezember Mai Juli

1969

August

Erste Ankündigung des Projektes Toronto-Dominion Centre Architektonisches Team beginnt mit der Arbeit Spatenstich (Phase 1: 56-geschossiger Turm) Bauzaun für den Turm in Position (Phase 1) Aufbau des Stahlskelettes beginnt (Phase 1) Aussteifung des Stahlskelettes beginnt (Phase 1) Fertigstellung des Stahlskelettes (Phase 1) Fertigstellung der Aussteifung des Stahlskelettes (Phase 1) Spatenstich (Phase 3: 46-geschossiger Turm) Spatenstich (Phase 2: Bankingpavilion) Fertigstellung des Stahlskelettes (Phase 3) Mieter beziehen den 56-geschossigen Turm Aufbau des Stahlskelettes beginnt (Phase 2) Einkaufszentrum für Publikum eröffnet Kino im Einkaufzentrum für Publikum eröffnet Abschluss des Stahlskelettes (Phase 2) Veranstaltung „Conference of Tomorrow“ im 54.Stock Aufbau des Stahlskelettes beginnt (Phase 3) Offizielle Eröffnung des Toronto-Dominion Centre Fertigstellung des Stahlskelettes (Phase 3) Fertigstellung der Aussteifung des Stahlskelettes (Phase 3) Mieter beziehen den 46-geschossigen Turm

Am 17.August verstirbt Mies van der Rohe in Chicago, USA. Das TDC ist damit zwar nicht der letzte Entwurf, den er unterschreibt, es ist aber das letzte Projekt an dem er den kompletten Bauprozess verfolgt. Der Verlauf des Bauprozesses ist metaphorisch gesehen charakteristisch für sein Schaffen – nicht nur wegen der extrem kurzen Bauzeit (die eine ganze Generation von modernen Architekten am amerikanischen Baubetrieb fasziniert hatte 5 ), sondern auch weil Teile des Komplexes noch während des Baus bezogen wurden, sodass die Menschen direkt mit der nackten, in die Höhe schnellenden Stahlkonstruktion konfrontiert wurden. Seine Architektur zeichnet sich durch eine große Liebe für das Detail aus und obwohl bei vortschreitendem Alter aufgrund der Größe der Aufträge ein mehrköpfiges Team für die Entwicklung vieler Teile der Gebäude zuständig gewesen ist, prüfte er immer, oder zeichnete vollständig die wichtigsten konstruktiven Details. Daher gilt unter Architekturkritikern das TDC als das letzte Werk Mies‘. Die späteren, von Mies konzipierte Projekte erhalten aus dem Grund, architekturhistorisch gesehen – mit Ausnahme vielleicht des IBM Regional Office Building – einen niedrigeren Stellenwert in seinem Œuvre. „Gott ist im Detail“ Mies van der Rohe (27. März 1886; † 17. August 1969)                                                              4

Mertins, Detlef: The Presence of Mies. Princeton Architectural Press; New York 1996, S. 250 Die von Le Corbusier nach seiner Amerikareise 1935 veröffentlichten Fotos des Vortschreitens vom Skelettbau des Rockefeller Center (1931-1940) sorgten in Europa für großes Aufsehen. 

5

06  4.2

Positionierung im Gesamt-Œuvre Mies’

Wie bereits erwähnt, nimmt Mies van der Rohe im TDC wieder das Thema seines letzten Entwurfes, des Chicage Federal Center auf [f06]. Im CFC entsteht die sonderbare, spannungsvolle Konfiguration von zwei unterschiedlich hohen Türmen und einem niedrigen Bau. Eine Straße teilt das Grundstück entzwei und zwingt ihn förmlich dazu seinen Entwurf in drei Teilen zu denken, da drei quasi intakte Rechtecke entstehen, die für einen seiner klaren Baukörper in Frage kämen. Die Türme sind hier, ähnlich der 860-880 Lake Shore Drive Appartments in Chicago, senkrecht zueinander aufgestellt mit einer gemeinsamen Flucht, sodass sie über die Straße als zueinander gehörig gelesen werden. Das niedrige Postgebäude wird neben den Türmen zu einer vertikalen Fassade, die nur für die Menschen in den Türmen sichtbar und für die Passanten auf der Straße zu erahnen bleibt. Diese skulpturale Lösung gibt dem Pavilion eine kontextuell differenzierte Bedeutung, die seine besondere Nutzung signalisieren soll – beim CFC sind die beiden Türme Gerichtsgebäude, während der Pavilion das zentrale Postgebäude der Stadt beherbergt. Allerdings hat sich die Lösung im Falle des CFC rein funktionalistisch entwickelt, das Postgebäude muss neben den Gerichtsgebäuden zum Pavilion werden um seinen Charakter zu zeigen. Die Unterscheidung Adolf Behnes zwischen Funktionalismus, Utilitarismus und Rationalismus sei an dieser Stelle erwähnt: Diese Betrachtung zeigt die Funktionalisten bei sehr praktischen Erwägungen. Dennoch wäre es ein Irrtum, in den Funktionalisten einen Utilitaristen zu sehen. Die Ergebnisse berühren sich hier und dort, kommen aber aus ganz verschiedenen Einstellungen. Dem Funktionalisten handelt es sich um die Lösung einer allgemein bedeutsamen Aufgabe unserer Kultur, und während der Utilitarist fragt: „Wie handle ich in diesem Fall am praktischsten?“, fragt der Funktionalist: „Wie handle ich prinzipiell am richtigsten?“ Seine Einstellung tendiert zur Philosophie, sie basiert sich metaphysisch [...], und es ist keine Frage, daß der Funktionalist, auch der sachlichste, noch eher dem Romantikern als den Rationalisten zuzurechnen wäre.6 Im TDC wirkt sich aber ein entscheidender Faktor maßgeblich auf die Zusammensetzung und der Qualität des Entwurfs aus: das Grundstück [f08] bietet ihm eine großzügig bemessene, an drei Seiten erschlossene Tabula Rasa mitten im Zentrum der Stadt. In keinem anderen Entwurf ist daher die städtebauliche Gestaltung so extensiv, nirgends der öffentliche Charakter so präsent, wie im TDC. Das und die Bereitschaft des Bauherren ihm bedingungslos die gestalterische Vollmacht zuzuschreiben (die er allerdings von jedem seiner Bauherren forderte) erlaubten Mies van der Rohe in diesem Projekt ein Resümee seines Schaffens seit 1939 zu ziehen.

4.3

Städtebauliche Anordnung

Im unabdingbarem miesischen Raster sind der 46-geschossige Turm und der Pavilion auf der nördlichen Seite des Grundstücks auf einer Achse gegenübergestellt. Der Freiraum zwischen ihnen wird auf der südlichen Seite durch den 56-geschossigen                                                             

6

 Adolf Behne: Der Moderne Zweckbau. Drei Masken Verlag; Berlin 1926, S. 45f  

07  Turm begrenzt und hat dicht an der Straßenseite, außerhalb der Fluchten der zwei gegenübergestellten Gebäude zwei Eingänge in die Untergrund-Plaza mit dem Einkaufszentrum. Der somit frei bleibende, mit Granitplatten bepflasterte Platz erinnert an das forum romanum und bildet das zentrale operative Zentrum im TDC [f09]. An der südlichen Seite, durch die dicht beieinander stehenden Türme und die Bestandsgebäude versteckt, wurde ein begrünter Erholungsbereich für die im TDC arbeitenden konzipiert. Auf der südlichen Straßenseite des kleinen Platzes liegt der Eingang in die Tiefgarage [f25]. Das dadurch tiefer abgestufte Straßenniveau, sorgt für Intimität und Ablenkung vom hektischen Stadtverkehr. Der quadratische, begrünte Abschnitt liegt auf einer Achse mit dem 56-geschossigen Turm, sodass man ihn als Wiederholung des horizontal/vertikal-Motivs des Pavilions lesen kann. Treppenanlagen an der Nord/Ost-Kreuzung, die den Pavilion einfasst und vor der südlichen Fassade des 46-geschossigen Turmes, fangen die Höhenunterschiede auf und heben den Sockel der Gebäude, unter dem sich die Untergrund-Plaza verbirgt hervor.

4.3

Architektonisches Thema 1: Die Untergund-Plaza

Das räumlich abgeschlossene, selbstbezogene Einkaufszentrum als Element war in den 60’ern noch neu. Die Verlegung einer Einkaufsmeile in den Untergrund eines innerstädtischen Gebäudekomplexes [f10], wie es im Falle des TDC ausgeführt wurde, ist für seine Zeit nahezu radikal. In seiner Untergrundplaza legt Mies Haupt- und Nebenstraßen an, sodass das Gefühl eines gebauten öffentlichen Raumes entsteht [f11]. Man begibt sich dort zwischen den tragenden Pfeilern der Hochhäuser, welche durch die Plaza räumlich miteinander verbunden werden und kann die Giganten auf der Oberfläche erahnen. Die Fassaden der Geschäfte sind mit absoluter Konsequenz im gleichen Stil gehalten, die immer gleichmäßigen Schaufenster locken durch ihre Gestaltung im Inneren und der Präsentation ihrer Waren an (eine traditionelle Einstellung, die mittlerweile im Kommunikationsdesign von Einkaufsbereichen längst verworfen ist). Die aus zwei symmetrischen Treppenanlagen bestehenden Eingänge liegen – auf dem Gesamtgrundriss widerum symmetrisch gegenübergestellt – an den zwei Stirnseiten des TDC und somit an wichitgen Straßenarterien. Im Gegensatz zur grundsätzlichen Intention kontemporärerer Planungen für Einkaufszentren, wurde hier die Einkaufsmeile durchgängig an den Stadtorganismus angeknüpft und somit widerum ihr öffentlicher Charakter unterstrichen.

4.4

Architektonisches Thema 2: Die Türme

Das Hochhaus ist für Mies immer ein sehr zentrales Thema gewesen. In seinen ersten Studien zu Türmen in Berlin (1919-22) standen die Lichteffekte, die durch die Verglasung entstanden im Vordergrund. Aber bereits in seinem ersten realisierten Hochhausprojekt, den Promontory Apartments in Chicago (1949) war sein Augenmerk auf die Tragstruktur und ihrer Sichtbarmachung auf der Oberfläche gerichtet. Dabei wurde er sicher vom Bau des IIT-Campus und der rationalistischen Architektur der Chicagoer

08  Schule beeinflusst. Wie bereits erwähnt, betrieb das Büro von Mies van der Rohe in den USA Forschungsarbeit zu Gebäudetypen, die den Architekten interessiert haben. Ästhetische, sowohl als auch konstruktive Aspekte wurden untersucht und passende Details dazu entwickelt. Die Türme des TDC stehen am Ende der Entwicklung des Typus im Schaffen von Mies van der Rohe. Seit den 860-880 Lake Shore Drive Appartments (1956) entstand die Generation von Details für vorgehängte Fassaden, die die purifizierte konstruktive Form sichtbar machen sollen und hier nochmal durchdacht und sorgfältig ausgeführt wurden [f19,20,21]. Was in ihrer Zusammensetzung und der daraus resultirenden Gesamtansicht interessant ist, ist die Art in der die Türme von Mies – vor allem seit dem Seagram Building (1958) – immer glätter, immer sauberer werden [f12]. Die Fassaden gliedern sich vertikal, die Geschosse lösen sich in ihrem Raster auf und die Körper erscheinen als solide, monumentale Skulpturen im Stadtraum. Indem sie als Skulpturen wahrgenommen werden, entfremden sie sich von ihrer Nutzung; ihre Proportionen und wechselseitige Beziehung rücken in den Vordergrund. Es ist daher auch treffend, dass die zwei Türme sich äußerlich nur durch ihre Proportionierung voneinander unterscheiden. Beide haben, gleich antiker Säulen, einen Sockel in Form eines rundum verglasten, mit Ausnahme der Erschließungskerne frei gehaltenen, erhöhten Empfanges, einen Schaft aus Standardgeschossen mit vorgehängter, schwarzer Stahlfassade und an ihrem Abschluss ein ebenfalls erhöhtes Geschoss als Kapitell. Der Unterschied von zehn Geschossen zwischen den beiden Türmen spiegelt sich in ihrer unterschiedlichen Breite im Verhältnis 7/8 wieder, ihre Tiefe ist dieselbe. Sie stehen vom nördlichen Platz aus gesehen nebeneinander, doch leicht ineinander verschoben, sodass ein bewegter Eindruck entsteht. Ein erhöhtes dreizehntes Geschoss in beiden Türmen bildet ein Band, welches die Komposition zusammenfasst.

4.5

Architektonisches Thema 3: Der Pavilion

Das andere große Thema, welches Mies van der Rohe in den USA fasziniert hatte, waren Hallentragwerke gewesen. Gerichtete Tragwerke, wie er sie im Farnsworth House (1945-50) und in der Crown Hall des IIT (1952-56) realisiert hatte erinnerten ihn dabei an gothische Mittelschiffe, während er ungerichtete Tragwerke, wie das der Neuen Nationalgalerie (1967) mit der Kollonade aletgriechischer Tempel verglich. Auch hier liefert das TDC ein vollendetes Exemplar für Mies‘ Intentionen. Der Pavilion, eine statisch ungerichtete, frei spannende Halle über einem 45,7m (150 Fuß) Quadrat, ist formal wie die Empfangshallen der Türme gehalten und wirkt daher wie ein aus dem Sockel wachsender Satellit. Die Fassadenpfosten bilden gleichzeitig die Tragstruktur, zurückgesetzte Stützen im Grundriss, wie bei den Türmen sind dadurch nicht erforderlich [f13]. Die Decke scheint daher schwerelos über dem Raum zu schweben. Im Inneren der Bankhalle dominieren die für Mies typischen kostbaren Materialien: die Schalter sind in grünem Marmor und die Trennwände zwischen Bedienungs- und Arbeitsbereich mit dunklem Eichenholz gekleidet. Um den Eindruck der schwebenden Decke nicht zu verletzen reichen die Trennwände nur bis zur Hälfte der Raumhöhe. Die Lüftungsschächte, die als einzige Elemente zwangsläufig die Decke berühren müssen, sind ebenfalls in grünem Marmor gekleidet und bilden eine Schattenfuge unter der Kassettendecke, ähnlich wie der Versorgungskern im Farnsworth House (1951). Die

09  eingesetzte Kassettendecke steift nicht nur den Pavilion aus, sondern ruft nochmal das allgegenwärtige Raster auf, in dem der ganze Entwurf platziert ist.

5.1

Rezeption des TDC

Überraschenderweise wurde das TDC von der Presse mit indifferenz begegnet. Nur ein Artikel darüber erschien in Kanada und fünf in Europa und den USA im Zeitraum 1967-1972 (über das Chicage Federal Center erschienen ebenfalls nur neun Artikel)7. Die Beiträge des Wettbewerbes für die Toronto City Hall und der letztendliche Entwurf von Viljo Revell dagegen wurden in fachlichen und nicht-fachlichen kanadischen Zeitschriften rege ausdiskutiert, von einer desinteressierten Öffentlichkeit kann also nicht die Rede sein. Im einzigen Artikel über das TDC in Kanada in der Zeitschrift Canadian Architect sind die Intentionen der Autorin Macy BuBois schon ab dem ersten Satz offensichtlich: Mies kämpft darum, der Welt die Prinzipien der Einfachheit beizubringen. Und wenn Einfachheit bedeutet Parameter schlichtweg zu ignorieren, so sei es. [...] Das Toronto-Dominion Centre kommt 20 Jahre zu spät, da die Prinzipien, die es uns beibringen will schon längst verarbeitet sind. Es ist ein Gebäude, an dem die Handschrift eines der großen Architekten des 20.Jht. lesbar ist, es ist aber keine große Architektur [...] was einst eine frische und lebendige Angriffsart gewesen ist, ist nun zu einem kodifizierten und geistlosen Stil verkümmert. Eine Herangehensweise, die einst neue Möglichkeiten geschaffen hat, ist an dem Punkt angelangt, an dem sie diese zerstört.8 Weiterhin wird im Artikel lediglich der 56-geschossige Turm im Detail ausdiskutiert, der Komplex und der Pavilion werden dabei völlig ausser acht gelassen. Und an dem Turm findet die kanadische Architektin alles katastrophal – der Eingang sei schlecht, die Wand aus brenngeschnittenem Granit am Sockel unanimiert und langweilig; die Büroräume (welche allerdings nicht von Mies entworfen wurden) seien schwunglos und der Einsatz von Plastikpflanzen ein Eingeständnis des Scheiterns der Entwerfer einen angenehmen Innenraum zu gestalten. Der Kritik nach zeugt der Einsatz von einfachverglasten Fenstern außerdem von technischer Rückständigkeit und Unkenntnis der kalten Klimabedingungen in Kanada. Man sucht nach räumlicher Diversität. Man sucht nach der Ausbeutung des natürlichen Lichts. Man sucht nach einer Reaktion auf das Klima. Man sucht nach Rücksicht auf Orientierung. Man sucht nach Platzgefühl und einem Sinn für die Anzahl von Nutzern. Die meisten Gebäude verfügen über diese Eigenschaften. Das Toronto-Dominion Centre nicht. 9 Die Kritik ist polemisch, emotional, aber kaum informiert oder befriedigend argumentiert. Die wenigen Stimmen widerum, die sich in den Vereinigten Staaten zum Projekt äußerten, kamen von Architekturkritikern mit theoretischem Hintergrund, die sich                                                             

7

Recherche von Phyllis Lambert DuBois, Macy: Toronto Dominion Centre. In: Canadian Architect, 12.Jahrgang 1967, Nr.152 9 DuBois, Macy: The Toronto Dominion Centre. In: Canadian Architect, 1967, Nr.152 8

010  meist mit dem Werk Mies van der Rohes auseinandergesetzt hatten. Es herrschte allgemeiner Konsens, dass es sich hierbei um das Ergebnis von einer vierzigjährigen strukturellen und architektonischen Entwicklung handelt und auch als solches zu bewerten sei. John Winter, der heute noch ständig im Architectural Review arbeitet und zu den prominenten Mies-Kennern zählt, schrieb 1972: [...] Mit seinen großzügigen öffentlichen Räumen, seiner makellosen Konstruktion und der Verkörperung der scholastischen Forschungsarbeit, die in Mies‘ Büro über die letzten zehn Jahre geleistet wurde, kommen hier die Tugenden einer konstanten Entwicklung zum vorschein [...] Mies hat uns mit dem Toronto-Dominion Centre ein Gebäude hinterlassen, welches den Maßstab für die Architektur unserer Zeit setzt. Seinen Schülern hat er aber etwas wichtigeres vererbt: die einzige vortschreitende Tradition der Moderne10 Die entgegengesetzten Einstellungen sind bis zu einem gewissen Punkt verständlich. In den Amtjahren Pierre Troudeaus11 herrschte im Land ein gemäßigter Nationalismus, der insbesondere gegen die Vereinigten Staaten, von denen Kanada importabhängig ist gerichtet war. Letztendlich entfachte sich die Kontroverse um die Toronto City Hall auch aus dem bürgerlichen Verlangen nach einem offenen landesweiten Wettbewerbsverfahren, statt dem ausgeführten Wettbewerb auf Einladung und nicht aus irgendeinem explizit architektonischem Gedanken. Trotzdem wirft das abnehmende Interesse überhaupt an der Architektur Mies van der Rohes, die ja immer reifer wurde und immer konsequent geblieben ist, fragen auf. Wie kommt es, dass das Seagram Building (1958) sofort als Meisterwerk angenommen, während das TDC ignoriert und verschmäht wurde?

5.2

Kritik an Mies van der Rohe

Tatsächlich sind Stimmen der Kritik schon seit den frühen 60’ern nicht nur zu Mies van der Rohe, sondern der ganzen Modernen laut geworden. Der Anspruch, den die Architekten dieser Generation stellten – einen angemessenen, von geschichtlich überholten Mustern freien, universalen, also gewisserweise axiomatisch richtigen architektonischen Ausdruck 12 zu finden – wurde abgelehnt und kritisiert. Die alte Weltordnung, gegen die sich die Avant-Garde der 20’er mit dieser Forderung richtete wurde durch den Zweiten Weltkrieg in ihren Fundamenten zerrüttet. Zur Zeit der Fertigstellung des TDC, zwei Jahrzehnte nach dem Krieg hatte sich die Moderne nach und nach in so vielen Teilen zersplittet, dass man schon längst nicht mehr von einer Bewegung sprechen konnte. Einzelne Akteure widmeten sich ihren (sich oft widersprechenden) eigenen ideologischen oder gestalterischen Zielen, die mehr oder weniger mit dem Ausgangspunkt der Moderne zusammenhingen.                                                             

10

John Winter: Mies van der Rohes Toronto-Dominion Centre. In: Architectural Review, 1972, Nr.322 11 Pierre Trudeau war von 1968 bis 1984 mit Unterbrechungen Premierminister von Kanada. Er gehörte der Liberalen Partei an. 12 Bezeichnend für die Attitude sind die Bauausstellung des Deutschen Werkbundes in der Weissenhofsiedlung 1927 und die Retrospektive The Interational Style in der MoMA in New York 1932 gewesen.

011  Schon in Deutschland hatte Mies van der Rohe erklärt, dass seine persönliche Absicht nicht sei „die neue Zeit deutlich zu machen, ihre Beziehungen aufzuzeigen und die tragende Struktur bloßzulegen“, diese seien eine Gegebenheit. Viel mehr wollte er dem Geist, der ihr zugrunde liegt „die Vorraussetzung, die Existenzmöglichkeit“13 bieten. So bestand seit seiner Ankunft in den USA sein Projekt darin, der sich neu behauptenden Weltmacht Amerika in dem Sinne die ihr angemessene Architektur zu verschaffen. Eine ehrliche Architektur für eine junge, kapitalistische Massengesellschaft konnte nicht anders als in neuen Materialien und neuen Maßstäben gedacht zu werden. Ihr Syntax und Definition von Öffentlichkeit stützten sich dabei immer mehr auf klassizistische Prinzipien, in denen er die gemeinsame Herkunft des alten und des neuen Kontinents der westlichen Zivilisation sah. Diese Vision verfolgte er mit absoluter Konsequenz bis zu seinem letzten Gebäude. Die erste kritische Auseinandersetzung mit dem Erbe der Modernen, die Postmoderne Kritik, hatte sich zwar in den 60’er noch nicht konkret artikuliert14, Mies van der Rohe war aber für die Polemiken der noch jungen Denkweise, die sich „gegen das aufklärerische Projekt, demzufolge die Welt in ihrer Gesamtheit erfassbar sei“ 15 , die perfekte Zielscheibe gewesen. Nach der postmodernen Auffassung, die aus der Globalisierung und den neue Massenmedien entsprang, ist es ein fataler Fehler für einen Architekten gewesen eine einzige architektonische Form zu reproduzieren. Und im Falle von Mies van der Rohe, der über die Jahre feurige Anhänger und durch seine Lehrtätigkeit treue Schüler gewonnen hatte, kam dazu, dass jedes seiner Gebäude gleich mehrere – bestenfalls veröffentlichte, schlimmstenfalls Gebaute – Fehlinterpretationen mit sich zog. Somit geriet sein Werk vor allem unter den postmodernen Kritikern in Verruf und dann zunehmend in Vergessenheit.

6

Schlusswort

Die Studie des TDC bietet als letztes großes Projekt von Mies van der Rohe die beste Chance auf eine Abhandlung mit dem gesamten Werk des wichtigen europäischen Architekten und damit einem guten Stück Architekturgeschichte. Die Analyse von jedem Element im Entwurf ist eine Diagonale durch die Epochen. In den Türmen des TDC stecken die dorische Säule, die Visionen in Glas für die Friedrichstraße um 1919, die Skylines der Amerikanischen Metropolen, im Banking Pavilion die Kollonaden der antiken Tempel, die industrielle Lagerhallen, der Barcelona Pavilion. In der Gestaltung der Freibereiche erkannt man die Plätze der italienischen Rennaisance und in der Wechselbeziehung des Komplexes und seiner Umgebung bis hin zum kleinsten konstruktiven Detail den Willen eines zutiefst philosophischen, dialektischen Geistes. Eine wichtige Grundlage für meine Auseinandersetzung mit dem Gebäude hat die Publikation The Presence of Mies [Mertins, Detlef: the Presence of Mies, Princeton Architectural Press 1994] geliefert, welche zahlreiche Beiträge zum TDC, sowie verwandte Aufsätze von renommierten Theoretikern zu kontemporären Lesarten von Mies‘ Werk enthält. Das Buch ist mir zu Beginn des Seminars aufgefallen, als Ich mir die Literatur für das Semester zusammensuchte und ist auch ein Grund dafür gewesen mir                                                              13

Van der Rohe, Mies: Die neue Zeit. In: Die Form; Berlin 1930, Nr.1 Erst 1979 hat der französische Philosoph Jean-François Lyotard in seinem Aufsatz Das postmoderne Wissen den Begriff Postmoderne geprägt 15 Kuhnert, Nikolaus u.a.: Postmoderne. In: ARCH+; Aachen 2010, Nr.200  14

012  das Thema für mein Referat auszusuchen. Die Parallelen, die darin zu diversen, oft weit über die Architektur reichende Gebiete gezogen werden, liefern einen Beweis für den Wert der Auseinandersetzung mit den Gebäuden von Mies van der Rohe auch heute. Die zitierte Passagen aus dem Buch (sowie auch die restlichen englischsprechigen Quellen) wurden von mir selber übersetzt und Ich möchte meine Schriftliche Ausarbeitung mit einer letzten Passage daraus abschließen: Also frage ich warum das Werk von Mies‘ Schülern – welches schließlich aus der absoluten Treue zu seinen Prinzipien herrührt – durch eine kaum wahrnehmbare Entwicklung immer mehr zu einer oberflächlichen Banalität verkommen ist. Genau diese Banatlität ist es, die mit ihrer Reihe den Modernismus verkörpert hat, der der postmodernen Kritik die Möglichkeit Fuß zu fassen geboten hat. Und doch scheinen im Falle Mies‘ selbst seine Werke die Eigenschaft zu Besitzen, ihre Signifikanz aus ihrem Umfeld zu beziehen und diese Signifikanz mit erstaunlicher Wucht auf den Betrachter zu reflektieren. Ich denke, dass das – zumindest teilweise – mit seiner sonderbaren Materialwahl und relativ beschränkten Palette zusammenhängt. Man führe sich den Banking Pavilion vor Augen: Die in grünem Marmor gekleideten Luftschächte, die sich so mächtig im Raum türmen, sind, nach der Glashülle selbst, das primäre Referenzobjekt abgesehen von der Decke. Es besteht eine komplizierte Beziehung zwischen dem sehr diskreten Charakter der Hülle und dem sehr aggresiven Charakter dieser zwei „Dolmen“. Die Decke mit ihrer Reihe, stellt einen Bezugspunkt dar, welcher das Gesamtbild einklammert. Und schließlich bietet die Holzvertäfelung eine materielle Textur mit einer gewissen erotischen Qualität. Soweit ich dies beurteilen kann, macht die Gruppe dieser drei Elemente das Vehikel aus, welches Mies‘ Bild in Toronto die Fähigkeit gibt über die Jahre oppositionelle Referenzen zu sammeln. Sie erlauben dem Toronto Dominion Centre sich in Gegenüberstellung zu seiner Umgebung weiter in seinen eigenen Lesarten zu transformieren.16

                                                            

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Mertins, Detlef: The Presence of Mies. Princeton Architectural Press; New York 1996, S. 164f

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Bibliographie / Quellennachweis Bücher17 1. Mertins, Detlef: The Presence of Mies. Princeton Architectural Press; New York 1996 2. Harry N. Abrams / Lambert, Phylis (Hrsg.) u.a.: Mies van der Rohe in America. Hatje Cantz Verlag; Ostfildern 2001 3. Neumeyer, Fritz: Mies van der Rohe. Das kunstlose Wort – Gedanken zur Baukunst. Siedler; Berlin 1986 4. Blaser, Werner: Mies van der Rohe. Die Kunst der Struktur. DVA; Stuttgart 1981 5. Venturi, Robert: Lernen von Las Vegas. Zur Ikonographie und Architektursymbolik der Geschäftsstadt; Bertelsmann, Gütersloh 2003 6. Hitchcock, Henry-Russell / Johnson, Philip: Der internationale Stil – 1932; Vieweg, Braunschweig 1985 7. Bacon, Mardges: Le Corbusier in America. Travels in the Land of the Timid; MIT Press; Cambridge 2003

Zeitschriften 8. Kraft, Sabine; Kuhnert, Nikolaus (u.a.): ARCH+. Kritik; Aachen 2010, Nr.200

Internet 9. Wikipedia, die digitale Enzyklopädie [http://de.wikipedia.org/] 10. Architekturtheorie.net. Theorie im Entstehen [http://www.medienarchitektur.at/architekturtheorie/] 11. The Promontory 5530 – 5532 Lake Shore Drive [http://miespromontoryapartments.com/history.html]

                                                            

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 Die Bücher sind in Reihenfolge ihrer Gewichtung für die Ausarbeitung dargestellt 

14    8

Folien 

                     

  [f01] Titelblatt – Detail aus der Ansicht des Banking-Pavilions (graphisch aufgearbeitet)

15   

[f02] Luftfoto des Toronto Business District – TDC graphisch hervorgehoben

[f03] Vorentwurf von John B. Parkin Associates

 

 

16   

[f04] Fotocollage von Mies van der Rohe zu einem Vorentwurf für das TDC

 

[f05] Vogelperspektive des TDC in der Bauzeit – Erschließung graphisch hervorgehoben

17   

[f06] Grundriss des Chicago Federal Center

[f07] Fotocollage von Mies van der Rohe zu einem Vorentwurf für das CFC

 

18   

[f08] Grundriss des TDC

[f09] Blick vom 56-geschossigen Turm auf den Banking Pavilion

 

19   

[f10] Grundriss der Untergrund-Plaza

[f11] Blick in die Hauptkreuzung der Untergrund-Plaza

 

20   

[f12] Gesamtansicht TDC

[f13] Grundriss und Deckenspiegel des Banking Pavilions

 

21   

[f14] Gesamteindruck des Pavilioninnenraums

[f15] Presse und Kritik zum TDC – Fotocollage von Fachzeitschriften

 

22   

[f16] Übersetzung – stilisierte Darstellung

[f17] Detail des Innenraums des Bankin-Pavilions

 

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