Kunst- und Bauaktivitäten des Propstes Otmar Conrad

October 13, 2017 | Autor: Zuzana Macurová | Categoría: 18th Century Art, Patronage and collecting, Benedictine Monasteries
Share Embed


Descripción

Liebhaber und Mäzene von Wissenschaften und Kunst im Mönchsgewand

Jindra Pavelková und Koll.

Masaryk-Universität Mährische Landesbibliothek in Brünn Brno 2014

Kunst- und Bauaktivitäten des Propstes Otmar Conrad Zuzana Macurová Otmar Conrad gehört zweifellos zu den interessantesten Persönlichkeiten, die an der Spitze des Klosters Raigern im Laufe seiner langen Existenz einander abwechselten. Der ambitiöse Prälat leitete das Kloster fast fünfzig Jahre lang, er hatte also genügend Zeit, eine ganze Reihe seiner Projekte und Pläne in die Tat umzusetzen oder dies zumindest zu versuchen. Der gebürtige Eibenschützer trat 1746, also im Alter von 17 Jahren, in das Raigerner Kloster ein.272 Im Jahre 1755, nicht lange nach den Magisterprüfungen, begann er in Raigern Theologie zu unterrichten, drei Jahre später übernahm er auch noch den Philosophieunterricht. Schon zu diesem Zeitpunkt war er gleichfalls Sekretär des damaligen Propstes Bonaventura Piter und Verwalter der Klosterbibliothek. 1763 gesellte sich zu seinen Pflichten noch die Leitung des Noviziats. Es verwundert also kaum, dass, als Propst Piter im Jahre 1764 starb, die Wahl seines Nachfolgers gerade auf Conrad fiel. Otmar Conrad pflegte in der Zeit, da er dem Kloster vorstand, stets einen aufwendigen Lebensstil, der selbst einem sehr hoch gestellten kirchlichen Aristokraten gut zu Gesicht gestanden hätte, und dazu gehörten natürlich auch künstleri-

272

Zur Person Otmar Conrads siehe Kinter, M.: Vitae, S. 75-81. Pavelková,

J.: Rajhradský knihovník, S. 134–142.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 143

sche und architektonische Aktivitäten. Jiří Kroupa charakterisierte ihn recht treffend als einen der letzten großen barocken Prälaten Mährens, dessen „Herkunft aus der höheren Gesellschaft ihn zu höheren Zielen erkoren hatte“.273 In der Geschichte des Klosters fehlte es natürlich nicht an Vorgängern, an die Otmar Conrad diesbezüglich anknüpfen konnte. Vor allem wäre da Anton Pirmus zu nennen, der von 1709 bis 1744 an der Spitze des Klosters stand.

Abb. 12 – Weinkopf, Anton: Ein grafisches Portrait von Otmar Conrad. (MZA, Fonds G126, Sbírka rytin a obrazů, Inv. Nr. 395.)

273

Kroupa, Jiří: Rajhradský chrám v proboštské korespondenci 18. století.

In: Opuscula Historiae Artium, F 50. Brno 2006, S. 75.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 144

Dieser Mann berief einen der bedeutendsten Barockarchitekten der böhmischen Länder nach Raigern, Johann Blasius Santini, nach dessen Plänen er die Klosterkirche umbauen ließ und den Bau des Konvents und der Prälatur in Angriff nahm. An Pirmus’ Bautätigkeit knüpfte dann sein Nachfolger Matthias Stehlík (1744–1749) an. In der Zeit, als Otmar Conrad sein Amt bekleidete, konnten jedoch längst nicht alle geplanten Bauaktionen umgesetzt werden, sodass dem neuen Propst in dieser Hinsicht noch viel zu tun blieb. Auch hinsichtlich der Anfänge der Kunstsammlung, die zu erweitern Otmar Conrad in exzellenter Weise gelungen war, können wir von einem wesentlich früheren Zeitpunkt ausgehen. Schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts bittet Franz Anton Salava von Lípa den Raigerner Propst Benno Brancouzský (1692–1709) um die Möglichkeit, seinen Hausmaler ins Kloster zuschicken, um dort Kopien einiger Gemälde aus der Klostersammlung anzufertigen.274 Es ist also davon auszugehen, dass sich im Kloster schon damals Bilder befanden, die es wert waren, kopiert zu werden. Propst Brancouzský erwarb für Raigern offenbar auch vier Heiligengemälde aus der Werkstatt Michael Willmanns, der zu den führenden mitteleuropäischen Malern der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gehörte. Und erinnert sei auch an die Bauausführungen auf den Raigern Herrschaften. Schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte Propst Brancouzský den Auftrag zum Bau eines Jagdschlosses in Rebe274

MZA, E6, Kart. 67, Inv. Nr. 1257, Sig. Cb 7, F. 36. Der Brief Franz Sala-

vas von Lípa wurde am 30.5.1706 in Brünn abgeschickt.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 145

schowitz erteilt, in der ersten Hälfte des darauffolgenden Jahrhunderts wurden an der Residenz in Schwarzkirchen Änderungen vorgenommen, das Haus in Petrov wurde umgebaut. Auch in diesem Fall hatte Otmar Conrad zweifelsohne etwas, an das er anknüpfen konnte. Alleine schon die Bau- und Kunstaktivitäten aber strapazierten die Klosterkasse ganz erheblich,275 wovon sich Otmar Conrad insbesondere in der zweiten Hälfte der 60er Jahre überzeugen konnte, als der katastrophale Zustand der Klostergebäude und das fehlende Geld für deren Reparatur nichts weniger als die Existenz des Klosters an sich bedrohten. Die erste Aufgabe, der Otmar Conrad sich als neuer Propst zu stellen hatte, war vor allem die Reparatur der Klosterkirche und des Konvents. Die Klosterkirche St. Peter und Paul hatte schon seit Baubeginn in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts mit Konstruktionsproblemen zu kämpfen. Der auf sumpfigem Untergrund errichtete Bau forderte schon

275

Die erfolgreiche Umsetzung der kühnen Baupläne hing zu einem großen

Teil von den organisatorischen und wirtschaftlichen Fähigkeiten der Vorsteher der jeweiligen Klöster ab. Ein Misserfolg auf diesem Gebiet sowie die hiermit oft einhergehende Verschuldung des Konvents führten dann häufig zu Aufständen der Mönche und nicht selten zur Absetzung des Prälaten, was beispielsweise auch der Propst der Augustinerchorherren in St. Pölten am eigenen Leib zu spüren bekam, der 1722 nach wiederholten Beschwerden der Konventmitglieder seines Amtes enthoben wurde. Siehe Feuchtmüller, Rupert: St. Florian und die Bildwelt der österreichischen Barockstifte. In: Feuchtmüller, Rupert – Kovács, Elisabeth (edd.): Welt des Barock. Linz 1986, S. 24–25.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 146

1745 seinen Tribut, als die Chorfenster wegen eines Fehlers in der Statik verkleinert werden mussten. Die Situation verschlechterte sich dann noch durch ein Erdbeben am 28. July 1763, in dessen Folge ein Teil der Kirche einzustürzen drohte.276 Ein weiterer Bereich des Klosters, in dem das Erdbeben starke Spuren hinterließ, war die Konventbibliothek. Gleich in mehreren Briefen, die Propst Conrad an den Abt des Klosters Breunau schrieb, betonte er den tatsächlich katastrophalen Zustand dieser beiden Gebäude bzw. Räumlichkeiten.277 Deren Reparatur überstieg zu jenem Zeitpunkt jedoch die finanziellen Möglichkeiten des Klosters. Propst Conrad sah sich sogar gezwungen, anderweitig um Hilfe zu ersuchen. Er wandte sich mit einer entsprechenden Bitte sowohl an den Wiener Hof als auch an die Vorsteher der mährischen und böhmischen Klöster.278 Zudem stellte schon alleine die Konstruktionslösung des Baus auf einem instabilen Untergrund eine nicht gerade leichte Aufgabe dar. Die Entwürfe für den Umbau und die Befestigung des Abschlusses der Raigern Kirche lieferte schließlich der Hofingenieur und Architekt Franz de Paula von Hillebrandt.279 276

MZA, E6, Kart. 293, Inv. Nr. 2522, Sig. Fb 15, Gerard Lefevre: Annalen

des Klosters in raigern. II. část do r. 1803, S. 591. 277

NA, ŘB Břevnov, Kart. 129.

278

Die gewünschte Hilfe sagten am Ende nur zwei böhmische Benediktiner-

klöster zu: Kladruby gab 3 000 Gulden und der Abt von St. Johann 2 000 Gulden. – MZA, E6, Kart. 106, Inv. Nr. 1631, Sig. Db1, Anmerkungen des Propstes Conrad, was zum Gute des Klosters im Jahre 1764–1784 hemacht war, F. 11. 279

Siehe Kroupa, J: Rajhradský chrám, S. 72–73.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 147

Der Umbau der beschädigten Teile wurde erst Ende der 60er Jahre in Angriff genommen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine so große Geldsumme zusammengekommen, dass mit der Runderneuerung begonnen werden konnte.280 Mit der Ausmalung der neuen Kuppel und des Abschlusses der Apsis wurde Josef Winterhalder der Jüngere beauftragt. Der Znaimer Maler schuf im Jahre 1776 im Gewölbe des Presbyteriums das Fresko Verklärung des Herrn auf dem Berg Tabor. Vom dem gleichen Künstler stammen auch die Altarbilder der Heiligen Familie und Allerheiligen aus den darauffolgenden Jahren.281 Für den Figurenschmuck des Innenraums der Klosterkirche zeichnete in dieser Phase der Brünner Andreas Schweigl verantwortlich. Eine der Kartuschen im neu errichteten Presbyterium trägt eine Inschrift, die auf drei bedeutende Männer verweist, die sich um die Raigerner Klosterkirche verdient gemacht haben: „Brzetislaus fundavit Antonius aedificavit Othmarus dis280

In dieser Richtung halfen dem Kloster vor allem zwei Erbschaften. Der

Tribunalsekretär Hackl vermachte dem Kloster 8 000 Gulden, Herula Elisabetha von Schwalbenfeld, die „dem Benediktinerorden zugeneigt war“, sogar 20 000 Gulden. – MZA, E6, Kart. 106, Inv. Nr. 1632, Sig. Db 2, F. 11. 281

Zu Winterhalders Arbeit für das Kloster Raigern siehe Valeš, Tomáš:

Josef Winterhalder d. J. (1743–1807), Maulbertschs bester Schüler in Fresko. In: Slavíček, Lubomír (ed.): Josef Winterhalder d. J. (1743 Vöhrenbach – 1807 Znojmo). Maulbertschs bester Schüler. Langenargen – Brno 2009, S. 61–77. ders.: Josef Winterhalder d. J (1743–1807), „Meine gedanken haben indero Schätzbahren Zeilen einen gwichtigen Resonnanz erhalten...“. Josef Winterhalder d. J. und seine Korrespondenz In: Slavíček, L.: Josef Winterhalder d. J., S. 236–243.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 148

rupta consolidavit“. Neben Fürst Břetislav, dem Stifter des Klosters, und Anton Pirmus, dem Baumeister der Klosterkirche St. Peter und Paul, ist hier auch der Name von Propst Conrad als der Name jenes Mannes verewigt, der der Kirche wieder Festigkeit verleihen und sie reparieren ließ. Wie Otmar Conrad selbst in einer seiner Schriften schreibt, beliefen sich die Reparaturkosten der Klosterkirche am Ende auf fünfundzwanzigtausend Gulden.282

Abb. 13 – Winterhalder, Josef d. J.: Die Verklärung Jesu, 1776, Raigern – Klosterkirche St. Peter und Paul. Foto: Zuzana Macurová, 2010.

282

MZA, E6, Kart. 106, Inv. Nr. 1631, Sig. Db1, F. 2. – Davon erhielt Josef

Winterhalder für die Ausmalung des Presbyteriums 900 Gulden, für das Altargemälde 400 Gulden. Andreas Schweigl wurden für seine bildhauerischen Arbeiten insgesamt 430 Gulden ausbezahlt.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 149

In der ersten Hälfte der 70er Jahre wurden im Rahmen des Klosterkomplexes auch noch andere Baumaßnahmen durchgeführt. Vor allem wurde für siebentausend Gulden die Bibliothek renoviert, mit dem Ausbau des Wirtschaftsvorhofes wurde begonnen und auch die Räume der Prälatur und des Konvents wurden angepasst.

Abb 14 – Hauskapelle in der Residenz in Schwarzkirchen. Foto: Zuzana Macurová, 2010.

Im Rahmen der Prälatur richtete der Prälat darüber hinaus auch noch eine Hauskapelle und eine kleinere Bibliothek ein.283 283

Ebenda.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 150

Abgesehen von den Raigerner Klostergebäuden legte Otmar Conrad auch großen Wert auf die Errichtung eines entsprechenden Umfeldes auf den Gütern, die dem Kloster gehörten. Neben den Wirtschaftsgebäuden, die für das Funktionieren des Klosters notwendig waren, betrafen die Anpassungen auch die ländlichen Residenzen: Das Schloss in Rebeschowitz, die Residenz in Schwarzkirchen und das Brünner Stadthaus in Petrov. In Auftrag gab Propst Conrad zudem den völligen Neubau eines Schlosses in Lesní Hluboké/Hluboky, neben dem er eine der hl. Anna geweihte Kapelle errichten ließ.Und auch die vom Kloster verwalteten Kirchen mussten nicht hintanstehen. Schon kurz nach seiner Amtswahl begann der Propst mit dem Umbau der Raigerner Pfarrkirche, es folgten Anpassungen der Kirchen in Domaschow und Schwarzkirchen sowie der Kapelle des hl. Karl Borromäus in Opatovitz. Beim Bau und bei der Ausschmückung der Objekte wurde vor allem auf die ansässigen mährischen Künstler zurückgegriffen: die Bildhauer Johann Adam Nesmann und Andreas Schweigl, der Maler Ignaz Raab und – um einige Baumeister zu nennen – Franz Brunn und Matthias Jednuška. Darüber hinaus bot sich Propst Conrad in den 70er und 80er Jahren zweimal die Möglichkeit, den Innenbereich des Klosters und der Landsitze nachträglich in passender Weise auszustatten, und dies, ohne große Ausgaben tätigen zu müssen. Die erste Gelegenheit dazu bot sich infolge der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 151

Abb. 15 – Brunn, František: Plan der Kapelle des hl. Karl Borromäus in Opatovitz, 1771. (MZA, E6, Inv. Nr. 4407, Sig. Pf 1.)

Die Chance, den einen oder anderen Gegenstand aus den mährischen Ordenshäusern zu erwerben, ließ der Propst offensichtlich nicht ungenutzt, kaufte er doch an die zweihundert Gemälde zu einem Gesamtbetrag von 120 Gulden.284 So manches dieser Werke entsprach zwar mit seinem Motiv nicht den Vorstellungen des Benediktinerklosters, aber auch hier wusste Otmar Conrad Abhilfe zu schaffen: die jeweiligen jesuitischen Heiligen wurden einfach übermalt beziehungsweise in Benediktiner „umgemalt“, in anderen Fällen wurden die Bilder bedeutender Vertreter der Gesellschaft Jesu für die Portraitgalerie der Pröpste des Klosters Raigern umgestaltet. Das Ummalen 284

MZA, E6, Kart. 290, Inv. Nr. 2512, Sig. Fb 9, Annalen von Propst Otmar

Conrad mit eigenhändig geschriebenem Lebenslauf, F. 32.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 152

der Leinwände übernahm Conrads Kammerdiener, der den Worten seines Brötchengebers zufolge „der Malerei unkundig war“.285 Der ausgewählte Maler war zwar wirklich kein großer Meister, wie die erhaltenen Gemälde aus beiden Zyklen belegen, doch für die ihm übertragene Aufgabe reichte sein Kunst nach Meinung des Propstes wohl aus. Außerdem dürfte es sich wohl um eine finanziell nicht sehr aufwendige Lösung gehandelt haben, was bei der Auswahl des Künstlers, der mit der Übermalung betraut werden sollte, wohl keine geringe Rolle gespielt haben dürfte. Die neu geschaffenen Bilder der zum Benediktinerorden gehörenden Heiligen, die sich der Bildung, Mission oder etwa dem Predigtdienst gewidmet hatten, fanden dann ihren Platz in den Gängen des Konvents, wo sie den Brüdern, die hier tagein tagaus entlanggingen, als Exempel der Tugend und als Vorbild für ein gottgefälliges Lebens dienten. Die Bildnisse der Pröpste (zur Zeit Otmar Conrads waren es ihrer insgesamt achtundsechzig) wurden in den Flur der Prälatur gehängt. Gerade hier in diesen Räumlichkeiten konnten sie von den Besuchern des Klosters am besten bewundert werden. Die Portraits der Vorsteher gaben Auskunft über die lange Geschichte, den Gütererwerb, die erhaltenen Privilegien und die bedeutenden Taten, die mit dem Kloster verbunden waren.286

285 286

MZA, E6, Kart. 290, Inv. Nr. 2512. Zu den Funktionen der Portraitgalerien im kirchlichen Milieu siehe

beispielsweise Pavlíčková, Radmila: Portrétní galerie olomouckých biskupů. In: Elbel, Martin – Jakubec, Ondřej (edd.): Olomoucké baroko. Proměny

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 153

Weitere Gegenstände (liturgische Gegenstände, Bücher, Sammlungen, Gemälde, Möbel, Teppiche u.ä.) erwarb man in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts auf Auktionen, auf denen das Eigentum aufgehobener Klöster verscherbelt wurde. Der Ausgabenliste des Propstes zufolge belief sich der Gesamtbetrag für die von ihm beschaffte Ausstattung der Prälatur auf rund 3 000 Gulden, wobei die Bilder und Uhren zusammen 1 600 Gulden kosteten.287 Gerade die Prälatur war neben der Kirche im Hinblick auf Besuche der exponierteste Bereich des Klosters. Die Wohnung des Prälats, die sich aus praktischen Gründen außerhalb des Konvents befand, war im Falle Raigernss vor der Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet worden. Neben der erwähnten Funktion als Wohnung diente die Prälatur – wie wir aus erhaltenen Tagebüchern von Mitgliedern des Raigerner Klosters erfahren – zum Empfang von Besuchen, zur Ausrichtung von Gastmählern und Banketts und gleichfalls zur Unterbringung von Gästen aus den Reihen der kirchlichen und weltlichen Aristokratie. Die Säle der Prälatur gehörten in Klöstern, ebenso wie die Privaträume des Prälats, zu einer Art Besucherrundgang,288 auf dem man bedeutende Gäste beglei-

ambicí jednoho města. 1, Úvodní svazek. Olomouc 2010, S. 262–268. – dies.: Sídla olomouckých biskupů. Mecenáš a stavebník Karel z Lichtensteinu–Castelkorna, 1664–1695. Olomouc 2001. 287

MZA, E6, Kart. 106, Inv. Nr. 1631, Sig. Db 1, F. 21.

288

MZA, E6, Kart. 285, Inv. Nr. 2451, Sig. Fa 5 a Inv. Nr. 2452, Sig. Fa

5bis, Fragmente der Tagebuchaufzeichnungen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 154

tete.289 Entsprechend groß war denn auch die Sorgfalt, die man bei ihrer Einrichtung an den Tag legte. In einer seiner Schriften weist Otmar Conrad selbst die Leser darauf hin, dass es ihm in diesen Jahren gelungen sei, die Gäste- und Prälatenzimmer neu einzurichten. Er habe diesbezüglich „eine noble Eirichtung, kostbare Gemälde, Spiegel, Uhren, Tische und Sessel“ besorgt.290 Die Zimmer der Prälatur unterschieden sich somit von ihrer Einrichtung her eigentlich kaum von denen in Residenzen adeliger Aristokraten. Religiöse Themen bildeten zwar einen bedeutenden Teil der Ausschmückung, neben diesen aber zierten auch Genreszenen, Landschaftsmalereien,

Stillleben

oder

etwa

mythologische

Themen die klösterlichen Wände. Die „kostbaren Gemälde“, von denen Otmar Conrad in der erwähnten Schrift voller Stolz spricht, sind aber wohl mit Vorsicht zu genießen. In den zeitgenössischen Inventaren der Prälatur wird diesen Bildern nicht allzu große Aufmerksamkeit geschenkt. Die meisten von ihnen entstanden im Laufe des 18. Jahrhunderts, zu einem großen Teil handelt es sich um Arbeiten mährischer Maler, gegebenenfalls von Künstlern aus dem breiteren mitteleuropäischen Umkreis. Diese Werke, deren 289

Siehe z.B. Suchánek, Pavel: K větší cti a slávě. Umění a mecenát opatů

kláštera Hradisko v 18. století. Brno 2007, S. 76; Macurová, Zuzana: Umělecké aktivity Matouše Pertschera, opata svatotomášského kláštera v Brně. BMD 25. Brno 2012, S. 170. 290

MZA, E6, Kart. 106, Inv. Nr. 1632, Sig. Db 2, Conrads Aufstellung, was

in wirtschaftlichen und kirchlichen Angelegenheiten des Klosters Raigern in den Jahren 1764–1810 geleistet wurde, F. 12v.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 155

Qualität zu einem großen Teil als durchschnittlich bezeichnet werden darf, dienten vor allem als Zimmerdekoration, und dem entspricht denn auch ihre oftmals sehr niedrig angesetzte finanzielle Schätzung.291 Auch in der Phase, da sich Otmar Conrad günstige Käufe aus aufgehobenen Klöstern boten, hörte er nicht auf, auch selbst Werke in Auftrag zu geben, und dies sowohl bei ansässigen mährischen Künstlern (Werke, die für die umgebauten Kirchen und Kapellen bestimmt waren) als auch bei den in der Hauptstadt der Monarchie wirkenden Malern. Bei der Abwicklung der Einkäufe und Aufträge von Kunstwerken in Wien griff er vor allem auf die Dienste der dort wirkenden Agenten zurück. So bestellte er in Wien vermittels des Agenten Josef Marek zu Beginn der 70er Jahre die Portraits des Herrschers Josephs II. und seiner Mutter Maria Theresia sowie mehrere seiner eigenen Portraits. In seinem Brief vom 28. Februar 1770 erwähnt Josef Marek einen Maler namens Friederich, der für das Kloster die Portraits der Herrscher und zwei Bildnisse des Propstes malt.292 In einem am 9. Juni desselben Jahres in Wien abgeschickten Brief wird noch ein Maler namens Zumpe 291

Dem Inventar aus dem Jahre 1777, das auch mit einem Schätzpreis der

angeführten Gegenstände versehen war, ist gleich mehrere Male zu entnehmen, dass der Wert der Gemälde in den Räumen (z.B. Imagines sutis pulchrae 12; Imagines Picta majores 8, minores 7 in zwei kleineren Räumen) mit Null angegeben wird. – MZA, E6, Kart. 459, Inv. Nr. 3875, Sig. Jb 2, Inventar der Möbel der Prälatur, Jahr 1777. 292

MZA, E6, Kart. 98, Inv. Nr. 1587, Sig. Da 3, Josef Marek, der Agent im

Wien dem Propst Conrad, F. 62r.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 156

erwähnt, der ebenfalls damit beauftragt worden war, ein Portrait des Propstes anzufertigen.293 Der letztgenannte Maler ließe sich wohl als Franz Zumpe identifizieren, der in Wien als Portraitist arbeitete (1777 wurden ihm die Portraits des Erzherzogin Christine und ihrer Schwester Josefa bezahlt) und 1768 wird er als Mitglied der dortigen Akademie der bildenden Künste angeführt.294 Die in den Briefen angeführten Künstler gehörten jedoch nicht zu den führenden Künstlern ihrer Zeit, und heute liegen uns nur sehr bruchstückhafte Informationen über sie vor. Ebenso schwierig ist es, ihnen konkrete erhaltene Gemälde aus den Klostersammlungen zuzuordnen. Mit einigen Künstlern aber verhandelte Otmar Conrad offensichtlich persönlich, so etwa mit Anton Weinkopf, der für den Propst ein graphisches Portrait von ihm anfertigte.295 (Siehe Abb. 12) Der Korrespondenz zwischen Weinkopf und Conrad ist außerdem zu entnehmen, dass dieser Künstler, der unter anderem Sekretär und Historiograf der Wiener Akademie der bildenden Künste war, für den Raigerner Propst nicht nur selbst künstlerisch tätig war, sondern darüber hinaus auch Kunstwerke in Wien beschaffte.296 293 294

MZA, E6, Kart. 98, Inv. Nr. 1587, Sig. Da 3, F. 66–66v. Siehe Vollmer, Hans (ed.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler

von der Antike bis zur Gegenwart. 36. Leipzig 1947, S. 597; Wagner, Walter: Die Geschichte der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Wien 1967, S. 422. 295

MZA, E6, Kart. 101, Inv. Nr. 1614, Sig. Da 24, F. 77.

296

Im Mährischen Landesarchiv im Fonds E6, Benediktini Rajhrad, werden

mehrere Briefe aus den Jahren 1766–1778 aufbewahrt, die Weinkopf an

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 157

Aus der uns überlieferten Korrespondenz dürfen wir jedoch schließen, dass Propst Conrad nicht derjenige war, der mit den Künstlern bezüglich der in Auftrag gegebenen Werke kommunizierte – im Gegensatz zu seinem bedeutenden Vorgänger Anton Pirmus beispielsweise. Die Briefe, die solche Männer wie Johann Blasius Santini, Johann Georg Etgens, Franz Benedikt Klíčník und andere in den 20er und 30er Jahren nach Raigern schickten, waren direkt an den Propst Pirmus adressiert. Im Vergleich dazu spielte der Bibliothekar, Provisor und spätere Prior des Konvents, Alexius Habrich, bei Bestellungen von Kunstwerken unter Otmar Conrad eine wichtige Rolle.297 In den 60er und 70er Jahren sind fast alle erhaltenen Briefe der Künstler, die für Raigern arbeiteten, an Habrich gerichtet. Mit dem Prior vereinbarte der Maler Josef Winterhalder der Jüngere im Februar 1776 die notwendigen Anpassungen vor Aufnahme der eigentlichen Arbeiten zur Ausmalung der Decke des Presbyteriums. Es war auch Habrich, an den sich die Bildhauer Andreas Schweigl, Franz Künfl und der Goldschmied Franz Richtr sowie andere Künstler wandten in Angelegenheiten bezüglich ihrer Arbeiten im RaiOtmar Conrad geschickt hatte. Anton Weinkopf (1724–1808) ist auch der Autor der Schrift Beschreibung der kaiserlich–königlichen Akademie der bildenden Künste, Wien 1783. Für die Raigerner Benediktiner arbeitete er schon, als Otmar Condrad noch gar nicht das Amt des Propste bekleidete. Weinkopf schuf die Kupferstiche, die das Werk Thesaurus von Conrads Vorgänger Bonaventura Piter vervollständigen. 297

96.

Zur Gestalt Alexius Habrichs z.B. Pavelková, J: Alexius Habrich, S. 86–

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 158

gerner Kloster und auf dessen Gütern.298 Während der Propst die wichtigste Person war, die über die Vergabe eines Auftrages entschied, war es gerade Habrich, der die eigentliche Umsetzung, einschließlich der Vertragsabschlüsse, steuerte und kontrollierte. Das legen jedenfalls die erhaltenen Quellen nahe. Dennoch aber wissen wir, dass die Umsetzung von Bauvorhaben und Kunstwerken für den Propst keine marginalen Angelegenheiten waren, ganz im Gegenteil. In einer Schrift, die Otmar Conrad „… allen meinen Nachfolgern auf ewige Zeit“ schrieb, beschreibt er das Raigerner Kloster, dessen Herrschaft und landwirtschaftliches Hinterland.299 Die ganze Schrift aber kommt daher wie eine Aufstellung dessen, was der Propst in seiner Amtszeit zum Wohle des Klosters leistete. Zu einem großen Teil betrifft das Dokument insofern vor allem das Wirken des Propstes im Bau- und Kunstbereich. Er beschreibt, welche Kirchen-, Wohn- und Wirtschaftsgebäude er hatte errichten und umbauen lassen, womit er die Räume des Klosters Raigern, der Schwarzkirchlicher Residenz, der Shlösser in Rebeschowitz und Hluboky ausstattete. Er präsentiert sich hier vor allem als Bauherr und Auftraggeber. Als jemand, der sich diesbezüglich in der Tat um das Wohl des Klosters verdient gemacht hat. Propst Conrad hielt zudem ein Auge darauf, dass die Kunst- und Bauaktivitäten auch visuell erfasst wurden, wovon 298

Habrichs Korrespondenz wird aufbewahrt im MZA, E6, Kartons 87 und

88. 299

MZA, E6, Kart. 106, Inv. Nr. 1632, Sig. Db 2.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 159

beispielsweise die bereits erwähnte Inschrift in der Kartusche des Presbyteriums der Klosterkirche zeugt. Auch auf seinem Bildnis aus der Serie der Raigerner Propst-Portraits ließ sich Conrad vor allem als Bauherr abbilden. (Siehe Abb. 31) Der Bauplan, der auf dem Tisch neben dem Propst zu sehen ist, gehört zu den geläufigsten Symbolen, die darauf hinweisen möchten, dass der Portraitierte der Auftraggeber des jeweiligen Baus – in diesem Falle der Pfarrkirche in Raigern – ist.300 Unter dem Plan der Kirche liegt noch eine Karte, die auf die Gestaltung des Geländes in der unmittelbaren Umgebung des Klosters verweist, an der auch der Propst beteiligt war. In der rechten oberen Ecke bietet sich zudem noch ein Blick auf das neu errichtete Wirtschaftsgebäude des Rajhrader Klosters. Auf diesem Bild fehlt natürlich auch nicht der Verweis auf die Tatsache, dass Propst Conrad Initiator des gesamten Portraitzyklus war. Hinter der linken Schulter des Prälats platzierte der Maler etwas schnörkellos vier Bilder von Raigener Pröpsten, die auf dieses Verdienst Conrads aufmerksam machen sollen. Als Auftraggeber der kompletten Serie wird er auch noch in der Inschrift erwähnt, die sich auf dem weißen Feld im unteren Teil des Bildes befindet: „…Seriem Praedecessor suor pictis specieb. adumbrari…“. Neben dem Portraitzyklus wird in diesem Text namentlich vor allem seiner Bauaktivitäten

300

Zum Portrait von Prälaten-Bauherrn siehe Polleroß, Friedrich B.: Porträts

barocker Bauprälaten in Österreich. In: Kunsthistoriker: Mitteilung des Österreichschen Kunsthistorikerverbande, IV. Nr. 3–4, 1987, S. 61–64.

Kunst und Bauaktivitäten des Proptes Otmar Conrad

| 160

gedacht, seien es nun Kirchenbauten oder Wohn- bzw. Wirtschaftsgebäude. In den Handlungsweisen des letzten Raigerner Propstes Otmar Conrad ist fast stets das Bestreben nach Repräsentation des Klosters Raigern, aber auch nach Selbstrepräsentation der eigenen Person zu erkennen. Gerade diese Bestrebungen aber wurden ihm oftmals zum Vorwurf gemacht. Im Visitationsbericht den Stephan Rautenstrauch, der Abt von Breunau und Braunau, am 13. Juni 1776 nach Wiens schickte, werden dem Propst unter anderem ein aufwendiger Lebensstil, überflüssige Geldlausgaben für Baumaßnahmen, die auf keinen Falls als notwendig bezeichnet werden können, der Kauf von Luxuspferden, eine zu hohe Zahl von Bediensteten und nicht zuletzt eine ungeziemende Verwendung der Titulatur des Abtes zum Vorwurf gemacht.301 Auch in späteren historischen Arbeiten – nicht nur – der Raigerner Benediktiner stoßen wir auf Vorhaltungen in Bezug auf das Wirken Conrads an der Spitze des Klosters. Propst Otmar wird beschrieben als ein Mensch, der seinen Mitbrüdern ein nicht ganz so idealer geistlicher Führer war (insbesondere deshalb, weil er vom Leben im Konvent, von dessen Bedürfnissen und Problemen gewissermaßen abgeschnitten war) und häufig mit ihm in Konflikt geriet. Hervorgehoben wurde jedoch auch stets sein Beitrag als Bauherr und Mann, der sich um die Verschönerung der Klosterbauten verdient gemacht hat.

301

Dudik, Beda: Geschichte, S. 422.

Lihat lebih banyak...

Comentarios

Copyright © 2017 DATOSPDF Inc.